Allgemeines
Gelähmtes Gesicht

Auf dieser Seite wird die Krankheit der Fazialisparese, zu Deutsch Gesichtslähmung, besprochen. Der Hauptaugenmerk liegt auf die Möglichkeiten einer chirurgischen Wiederherstellung der Gesichtsbewegungen.

Die chirurgische Behandlung der Fazialisparese, die zu meinen operativen Schwerpunkten zählt, wird nur bei Fällen durchgeführt, bei denen von einer spontanen Rückgang der Krankheit nicht zu erwarten ist. Ein Rückgang der Beschwerden ist möglich z.B. bei Patienten, die unerwartet eine plötzliche Lähmung des Gesichts erfahren (meist einseitig) und bei Patienten, die erst vor kurzem operiert wurden und bei denen der Nerv nicht komplett durchtrennt wurde.

Weiter Fragen zur chirurgischen Therapie beantworte ich Ihnen gerne per Email, nähere Angaben hierzu stehen unter dem Menüpunkt "Kontakt".

Der Gesichtsnerv (Nervus facialis)
Verlauf Nervus Fazialis

Nerven spielen bei der Signalübertragung vom Gehirn zum Erfolgsorgan eine entscheidende Rolle. Über die Nerven ist das Gehirn in der Lage, Einfluß auf die Muskulatur, auf Sekretionsvorgänge im Körper und andere Mechanismen zu nehmen.

Beim Nervus facialis (Nervus fazialis) handelt es sich um den siebten der zwölf direkten Hirnnerven, er verläßt die Schädelbasis im Bereich des Felsenbeins in der Tiefe hinter dem Ohrläppchen und teilt sich dann zunächst in zwei Äste und dann später in weitere Hauptäste auf, die im weiteren Verlauf - v.a. zur Versorgung der Muskeln des mittleren Anteils des Gesichts- untereinander Verbindungen aufweisen

Der Nervus facialis ist der Hauptbewegungsnerv der Gesichtsmuskeln, der sogenannten mimischen Muskulatur. Diese Muskeln sind dafür verantwortlich, dass man z.B. die Stirn runzeln, die Augen schließen, lächeln, Zähne zeigen und den Mund schließen kann. Die Kaumuskeln werden nicht von diesem Nerven versorgt. Nervfasern, die den Nervus facialis abschnittsweise begleiten versorgen die Tränendrüsen und ein Teil der Speicheldrüse und stimulieren diese, außerdem sorgen diese Begleitfaser dafür, dass das Geschmacksempfinden in den vorderen zwei Drittel der Zunge vorhanden ist.

Fazialisparese (Gesichtslähmung)

Der Nervus facialis ist von allen Hirnnerven am häufigsten von einer Parese betroffen. In Abhängigkeit von dem Ort der Schädigung des Nervus facialis unterscheidet man die Gesichtslähmung, also die Fazialisparese, in eine zentrale (nah am Ursprung) und eine periphere (von Ursprung entfernt) Fazialisparese. Die Fazialisparese kann ferner nach der Ursache eine idiopathische (idiopathisch= keine bekannte Ursache), also die sogenannte "Bell´s palsy" von der Form, bei der eine Ursache (z.B. Entzündungen, Schädelbrüche, Unfälle und Tumore) unterschieden werden. Ausserdem unterscheidet sich eine komplette von einer inkompletten Fazialisparese in der Ausprägung. Die Fazialisparese ist in der Regel einseitig, die häufigste Form einer beidseitigen Fazialisparese ist das angeborene sogenannte Möbius Syndrom

Idiopathische Fazialisparese (Bell´s palsy)

Die idiopathische (idiopathisch= keine bekannte Ursache) Fazialisparese ist die häufigste Form einer isolierten Gesichtslähmung, sie tritt mit zunehmendem Lebensalter bei 7-40 Patienten pro Jahr und 100 000 Einwohnern auf. Während der Schwangerschaft ist das Erkrankungsrisiko drei mal so hoch. Das Auftreten dieser Form wird oft Schmerzen in der Wange und hinter dem Ohr auf der betroffenen Seite angegeben.

Als Ursache wird eine Entzündung in einem bestimmten Gebiet entlang des Verlaufs des Nervus facialis vermutet. Die Entzündung führt zu einer Schwellung des Nerven, der sich aber in diesem von Knochen umgebten Gebiet nicht ausdehnen kann. Folglich kommt es zu einer bedeutenden Druckerhöhung, die zu einer Minderversorgung des Nerven mit Blut führt. Als mögliche Ursache für die Entzündung wird eine Herpes-Virus-Infektion (Typ I) oder eine Borrelliose vermutet

Der Großteil der idiopathischen Fazialisparese heilen vollständig spontan aus. Unterstützend werden Medikamente verabreicht, dies sind v.a. Kortisonpräperate. Die Gabe von Anti-Virus-Präperaten haben keinen positiven Effekt gezeigt und werden von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie nicht mehr empfohlen

Zentrale Fazialisparese

Bei der zentralen Fazialisparese liegt der Schädigung des Nerven zentral. Typischerweise ist die mimische Muskulatur der gegenseitigen unteren Gesichtshälfte gelähmt. Die Funktion der Stirn- und Lidmuskeln ist beidseitig erhalten, da die Versorgung dieser Muskeln von beiden Gehirnhälften kommt

Periphere Fazialisparese

Bei der peripheren Fazialisparese liegt die Schädigung weiter entfernt vom Nervursprung als es der Fall bei der zentralen Form ist. Meist ist die gesamte mimische Muskulatur der zugehörigen Gesichtshälfte gelähmt. Die resultiert darin, dass die Stirnfalten fehlen, die Nasolabialfalte verstrichen ist, der Mundwinkel hängt und dass der Mund nicht gespitzt werden kann. Der fehlende Lidschluss kann eine Gefährdung für das Auge darstellen, da das Auge nicht mehr ausreichend feucht gehalten werden kann was zu einer Entzündung der Bindehaut führen kann. Desweiteren kommt es zu einer Vergrößerung der Lidspalte auf der betroffenen Seite durch die Bildung eines Unterlidektropiums (Auswärtskehrung des Lides). Durch die fehlende Aktivität der hebenden Stirnmuskeln auf der kranken Seite kann es zu einer Senkung der Augenbraue.

Je nach Lokalisation der Schädigung in Bezug auf die abgehenden Äste des Nervus facialis sind Störungen der Geschmacksempfindung in den vorderen 2/3 der Zunge, Hörstörungen oder Störungen der Tränenproduktion möglich.

Häufigkeit der Ursachen einer Fazialisparese

Zu der Häufigkeit der Ursachen für eine Gesichtslähmung gibt es verschiendene Angaben in der wissenschaftlichen Literatur. In einem Buch von Mark May -ein bekannter Chirurg, der sich auf die chirurgische Behandlung von Patienten mit Fazialisparese spezialisiert hat- namens "The Facial Nerv" wurden die Daten von über 3700 Patienten im Zeitraum von 33 Jahren zusammengefasst. Die zugrunde liegenden Ursachen wurden wie folgt angegeben

Ursache Häufigkeit
Idiopathische Parese 52 % .
Verletzungen 23%
Herpes Zoster Infektion des Gehirns 7%
Tumor (gut- und Bösartig) 5%
Angeboren oder durch Geburt bedingt 4%
Sonstige Infektionen 3,5%
Sonstige Ursachen 5,5%
Behandlung

Bei der sogenannten idiopathischen Fazialisparese ist in der Regel davon auszugehen, dass ein Rückgang der Symptome selbständig stattfindet. Unterstützend können Cortisonpräperate eingesetzt werden. In der Zeit bis zum Rückgang der Gesichtslähmung ist es wichtig, das Auge -z.B. unter dem Einsatz eines Urglasverbands- feucht zu halten.

Die chirurgische Behandlung ist in Fällen sinnvoll, bei denen ein selbständiger Rückgang der Fazialisparese nicht zu erwarten ist. Das Ziel der Operation ist eine ästhetische und eine Funktionsverbesserung des aktuellen Zustands. Eine Vollständige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ist in der Regel nicht möglich.

Es gibt eine Vielzahl an chirurgischen Verfahren, die zum Einsatz kommen. Die Entscheidung, welches Verfahren eingesetzt wird hängt von vielen Faktoren, wie Ursache und Dauer der Parese, Alter und Allgemeinzustand des Patienten und vor allem vom Patientenwunsch ab. Aus ärztlicher Sicht ist es wichtig, die Lidschlussfunktion wiederherzustellen um ein Austrocknen des Auges zu verhindern. Die chirurgischen Verfahren können grob in statische und dynamische Verfahren eingeteilt werden.

Chirurgische Behandlung (statisch)

Unter den statischen Therapiemöglichkeiten werden die chirurgischen Verfahren zusammengefasst, die in eine statische, also nicht bewegliche bzw. bewegbare Korrektur des vorhandenen Zustands münden. Es sind viele Verfahren beschrieben worden, hier gehe ich auf die wichtigsten ein:

Stirnhebung

Stirnlift

Bei der sogenannten peripheren Fazialisparese ist die Stirnmuskulatur der betroffenen Seite gelähmt dies führt zunächst dazu, dass die Stirnfalten einseitig verschwinden. Im Verlauf kommt es dazu, dass die Strin auf der betroffenen Seite "absackt" so dass die Augenbraue hier tiefer steht, das kann dann dazu führen, dass die Sicht durch das herabhängende Oberlid beeinträchtigt ist.

Um die Stirn anzuheben kann chirurgisch eine Hautspindel oberhalb der betroffenen Augenbraue entfernt werden und dann die Augenbraue -mit dem damit verbundenen Augenlid- angehoben werden. Ein neueres Verfahren ist das endoskopische Stirnlifting, bei dem durch Zugänge in der behaarten Kopfhaut endoskopisch, also wie bei einer Spiegelung, die Strin angehoben wird.

Oberlidgewicht

Oberlidgewicht

Durch die Fazialisparese ist es dem Patienten nicht möglich, das Auge zu schließen. Das Öffnen des Auges auf der kranken Seite ist aber nicht beeinträchtigt, da ein anderer Nerv dafür zuständig ist, der im Rahmen der Fazialisparese nicht beschädigt ist. Die Implantation eines Oberlidgewichts gehört seit Ihrer Einführung durch den Chirurgen Illig in 1958 zu den häufigsten Eingriffen. Der Eingriff hat das Ziel, das Oberlid zu "beschweren", damit ein Augenschluss durch die Schwerkraft möglich ist.

Der Chirurg wählt mit dem Patienten zusammen ein passendes Gewicht für das Oberlid, das Später unter implantiert wird. Das Gewicht soll so gewählt werden, dass ein Schließen des Auges möglich ist ohne dass das Öffnen bedeutend beeinträchtigt wird. In der Regel werden Goldgewichte implantiert, in letzter Zeit werden Ketten aus Platin eingesetzt. Diese Platinketten haben den Vorteil, dass Sie flexibler sind und sich der Lidkontur besser anpassen.

Ektropiumkorrektur des Unterlids

Ektropium

Das Ektropium bezeichnet die Auswärtsdrehung des Unterlids, dies ist vielfach der Fall bei einer Fazialisparese da die straffende Funktion des Augenringmuskels ausbleibt.

Um die Spannung des Unterlids wieder herzustellen sind verschiedene Verfahren beschrieben worden. Z.B. wird ein kleiner Teil des Unterlids entfernt oder ein Knorpelstück von der Ohrmuschel ins Unterlid implantiert. Die Straffung kann auch durch das Einsetzen einer Sehne vom Oberschenkel (Fazie lata) erreicht werden, diese wird an der inneren Aufhängung des Lids und am äusseren knöchernen Augenhöhlenring befestigt.

Die Mundwinkelhebung

Mundwinkelhebung mit Fazie lata

Bei der Fazialisparese verlagert sich der Mundwinkel der gelähmten Seite nach unten, so dass mit der Zeit eine Asymmetrie zu bemerken ist, dieses Symptom empfinden die meisten Patieten als das auffälligste Symptom.

Für die statische -also nicht bewegbare- Anhebung des Mundwinkel eignet sich der Eingriff unter Verwendung einer Oberschenkelsehne, die sogenannte Fazie lata- gut. Dabei wird Fazie lata durch kleine Schnitte am Oberschenkel entnommen, diese Sehne wird unter der Haut implantiert und mit dem Mundwinkel einerseits und mit dem Jochbogen andererseits verbunden, somit wird der Mundwinkel am Jochbogen "aufgehängt".

Chirurgische Behandlung (dynamisch)

Unter den dynamischen chirurgischen Behandlungsverfahren werden die Verfahren zusammengefasst, bei denen eine Bewegung aufgeführt werden kann.

Schläfenmuskelschwenkung (Temporalismuskel-Transposition)

Temporalismuskeltransposition

Der paarige Schläfenmuskel, Muskulus temporalis, ist der größte Kaumuskel. Er wird nicht durch den Nervus fazialis versorgt und ist somit bei einer Fazialisparese nicht von der Lähmung betroffen.

Ein Teil des Muskulus temporalis der sich auf der gelähmten Seite befindet kann nach in Richtung des Auges oder des Mundwinkels geschwenkt werden. Wenn der Muskel zum Auge geschwenkt wird mit dem Ziel, den Augenschluss ermöglichen dann wird der Muskelanteil wiederrum in zwei Teilen geteilt, so dass ein Teil über dem Ober- und ein Teil über dem Unterlid mit der inneren Lidaufhängung verbunden wird. Dies führt zu einem willkürlichen Augenschluss.

Mikrochirurgische Nervrekonstruktion

Nervus suralis

Wenn der Nerv durchtrennt werden musste (z.B. im Rahmen einer Tumoroperation) oder durch eine Verletzung durchtrennt wurde dann sollte er möglichst schnell mikrochirurgisch wiederhergestellt, also rekonstruiert, werden.

Bei einer Durchtrennung werden die Nervenden unter Mikroskop aufgesucht und mit feinen Nähten wieder verbunden. Wenn ein Teil des Nerven fehlt dann wird ein Nerv aus einem anderen Gebiet entnommen und als Zwischenstück eingesetzt. Als Spendergebiete kommen vor allem der Hals, der Rücken und der Unterschenkel in Betracht. Sollte die Verbindung der Nerväste mit dem Nervstamm, der durch die Schädelbasis durchtritt, nicht möglich sein (z.B. weil der Nervstamm entfernt werden musste), dann können die Nerväste mit Nervästen der Gegenseite durch Nervzwischenstücke, sogenannte Interponate, verbunden werden. Dies wird als "Cross-facial graft" oder "Cross-face graft" Technik bezeichnet.







Nervrekonstruktion

Mikrochirurgische Muskel-Nerv-Transplantation

Muskeltransplantation

Mit zunehmender Bedeutung der Transplantationschirurgie hat sich Ihr Einsatz in der chirurgischen Therapie der Fazialisparese zugenommen. Hierfür wird ein Muskel aus einem anderen Gebiet des Körpers, z.B. vom Oberschenkel (Musculus gracilis) oder aus dem Rücken (Muskulus Latissimus dorsi) mit dem versorgenden Nerven und den versorgenenden Gefäßen entnommen und im Gesicht eingesetzt. Der Muskel wird dann an die Halsgefäße mikrochirurgisch angeschlossen. Der transplantierte Begleitnerv wird entweder am Nervus facialis oder, wenn der Nervus facialis der kranken Seite als Anschluss nicht mehr geeignet ist, entweder mit Nervinterponaten an die Gegenseite oder/und an andere Nerven der gleichen Seite, wie der Zungennerv, unter Mikroskop angeschlossen.

Der Muskel wird mit dem Jochbogen auf der einen Seite und mit dem Mundwinkel auf der anderen Seite verbunden, dieses ermöglicht das Anheben des Mundwinkel in Ruhe und ein willkürliches Bewegen des Mundwinkels nach oben was eine Lächelbewegung entspricht. Ein spontanes Lächeln kann mit Hilfe einer zusätzlichen "Cross-facial" Nervtransplantat

Kontakt

Verantwortlich für den Inhalt der Seite:
Dr.Dr. Ahmed Al-Dam
Facharzt für Mund- Kiefer- und Gesichtschirurgie
Oberarzt an der Abteilung für Mund- Kiefer- und Gesichtschirurgie des
Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf
Email:

Links

Some links for your viewing pleasure: